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Die Gotthard Nordrampe
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Die Ae3/6 Familie

 

Gesamthaft wurden 60 Lokomotiven dieses Typs von SLM und MFO hergestellt.

Ab 1923 wurden die Hauptstrecken im schweizerischen Flachland elektrifiziert. Für diese Strecken mussten neue Lokomotiven gebaut werden, weil die Gotthardlokomotiven zu langsam waren. Die geforderten Leistungen sahen eine Höchstgeschwindigkeit von 90km/h auf 10 Promille Steigung vor.
Die einheimische Industrie wurde zum Einreichen von Entwürfen eingeladen. Mit der SLM als Partner für den mechanischen Teil offerierten die BBC eine 2'Co 1' mit BBC-Einzelachsantrieb, SAAS eine 1'Co 1' mit Einzelachsantrieb Westinghouse und MFO eine 2'Co 1' mit Stangenantrieb. Offensichtlich wurde nicht in allen Konstruktionsbüros mit dem gleichen Tempo gearbeitet, denn die Bestellungen gingen an BBC am 28.01.1920, an SAAS am 05.07.1920 und an MFO am 24.05.1921. Dieser Umstand konnte erklären, weshalb nach dem Erscheinen von zwei Einzelachsantrieben wiederum ein Stangenantrieb auf den Markt kam, für Streckenlokomotiven der SBB zum letzten Mal.
Der zwei grossen Fahrmotoren wegen konnte in der MFO-Maschine der Transformator nicht in der Lokmitte untergebracht werden, was zur asymetrischen Achsfolge 2'Co 1' mit Laufdrehgestell vorne und Bisselachse hinten führte.
Die beiden Fahrmotoren waren mit dem Rahmen verschraubt und arbeiteten beidseitig über gefederte Ritzel auf zwei im Rahmen fest gelagerte Vorgelegewellen.

Diese waren beidseitig mit einer Dreiecktriebstange verbunden, welche über ein vertikal bewegliches Lager die mittlere Triebachse antrieb. Die äusseren Triebachsen wurden durch am Dreieckrahmen angreifende kurze Kuppelstangen angetrieben. Durch den Stangenantrieb konnten mit zwei Motoren drei Achsen zwingend angetrieben werden, welche kaum zum Schleudern neigten, im Gegensatz zu einzeln angetriebenen Achsen.
Die Ae3/6 II besassen die grössten Fahrmotoren, die je für die SBB gebaut wurden. Mit einem Durchmesser von 1880mm waren sie 10 Tonnen schwer und leisteten während einer Stunde 775kW/1000PS. Die Dauerleistung betrug 645kW/833PS.
Weil sich bei den ersten 20 Lokomotiven der Transformator als etwas zu schwach erwies, wurde bei den Nummern 10421 - 10460 ein leistungsstärkerer und zugleich etwas leichterer Transformator eingebaut. Das Lokomotivgewicht sank dadurch von 98.5 Tonnen auf 96.7 Tonnen. Später wurde an allen Ae3/6 II ein Pauschalwert von 98 Tonnen angeschrieben. Die ersten 20 Lokomotiven mit ihren besonderen Transformatoren hatten aber noch einen weiteren Nachteil: Die Abstufung der vier ersten Stufen war ausserordentlich grob. Deshalb war das Anfahren ruppig und in gewissen Betriebsfällen schwierig bis unmöglich. Eine Besonderheit war bis 1960 das Personenzugpaar 2612/2613 Goldau - Göschenen - Goldau. Wenn es nun geschah, dass eine der grob abgestuften 10401 - 10420 in diese Tour geriet, gab es beim Anfahren auf in der vollen Steigung und in einer Kurve liegenden Haltestelle Intschi (inzwischen aufgehoben) Schwierigkeiten. Wenn sich der Zug auf der dritten Stufe noch nicht bewegte, war es aus, denn auf der nächsten Stufe löste ein Fahrmotorrelais den Hauptschalter aus. Der Lokleitung wurde empfohlen,wenn immer möglich, die "Gumpesel" nicht an den Gotthard zu schicken.

Die Ae3/6 II haben sich während rund 50 Betriebsjahren bewährt und haben in dieser Zeit nur wenige Änderungen über sich ergehen lassen müssen. Erwähnt seien die Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit von 90km/h auf 100km/h 1929, Versuche mit fett- statt ölgeschmierten Stangenlagern in verschiedenen Variationen, Einbau von geteilten Bremsklötzen und automatischen Gestängestellern ab 1961.
Die Ae3/6 II wurden auf alle Depots der Deutschweiz verteilt, wo sie für alle Zuggattungen eingeteilt wurden. Zwei von diesen Loks, die Nummern 10435 und 10447 gelangten ins Tessin nach Bellinzona. Die tägliche Leistung aller Maschinen betrug etwa 250km.
Die Ae3/6 II 10415 musste im Januar 1965 als erste abtreten. Nach einer Flankenfahrt mit der Ae4/7 10967 in Lengnau am 08.08.1961, war sie vom Bahndamm gestürzt und hatte sich seitlich um 270 Grad überschlagen. Die Reparatur, insbesondere das Richten des verzogenen Rahmens, erwies sich als schwierig. Nachdem sie am 24.10.1961 (!) wieder in Betrieb kam, blieb sie ein Sorgenkind des Depots Olten, da die Lager zum Heisslaufen neigten. Als sie Ende 1964 wieder einmal zur Reparatur in Yverdon auftauchte, reichte es für den Abbruch.

Ab 1965 begannen die Ausmusterungen, und als letzte betriebsfähige  Ae3/6 II wurde im Januar 1977 die 10453 ausrangiert. Es wurden jedoch nicht alle sofort abgebrochen, sondern einige sind als stationäre Wagenvorheizanlagen weiter verwendet worden. Inzwischen sind diese fahrbaren Ruinen auch verschwunden.
Die Lok mit der Nummer 10439 bleibt als historische Lokomotive erhalten.

Technische Daten

Erbauer SLM Winterthur, MFO Oerlikon
Anzahl 60 Stück
Erste Ablieferung Ae3/6 II 10401 am 19.01.1923
Dienstgewicht 10401 - 10420: 98.5t / 10421 - 10460: 96.7t
Länge total 14090mm
Radstand total 10800mm
Triebraddurchmesser 1610mm
Laufraddurchmesser 950mm
Fahrmotoren 2
Getriebeübersetzung 1:2.224
Stundenleistung an der Welle bei 65km/h 2x775kW
Stundenleistung am Rad bei 65km/h 2000PS
Stundenzugkraft am Rad bei 65km/h 8300kp
Dauerleistung an der Welle bei 75km/h 2x654kW
Dauerleistung am Rad bei 75km/h 1665PS
Höchstgeschwindigkeit 100km/h

Last Update: 20.03.2016, 18:00